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Gattenmord
Das Opfer der Straftat, die Ehefrau des Angeklagten ist in der Bundesrepublik geboren und hier nach hiesigen Wert- und Moralvorstellungen aufgewachsen
Die Ehe kam auf Betreiben der Eltern zustande. Der Angeklagte, der in einem kleinen Dorf in Anatolien geboren worden und aufgewachsen ist, kam erst im Zusammenhang mit der Heirat nach Deutschland.
Bereits nach etwa sechs Wochen kam es immer öfter zu Streit zwischen den Eheleuten, wobei der Angeklagte seine Ehefrau auch immer wieder schlug.
Er war eifersüchtig und den Moral- und Wertvorstellungen seiner Heimat verhaftet. Er erwartete von seiner Ehefrau Gehorsam, weiterhin auch, dass sie ihn ständig um Erlaubnis fragte, selbst wenn sie nur einkaufen ging. Er untersagte ihr, sich allein mit einer Freundin oder ihren Schwestern zu treffen, schrieb ihr vor, wie sie sich zu kleiden hatte, kontrollierte und beaufsichtigte sie bei jeder Gelegenheit. Er behandelte sie wie seinen Besitz, mit dem er umgehen könne, wie er es für richtig halte.
Die Ehefrau war deshalb fest entschlossen, sich scheiden zu lassen. Der Angeklagte, dessen Aufenthaltserlaubnis ablief, sollte in die Türkei zurückkehren. Dieser empfand dies als demütigend und drohte mehrfach, werde er „eine Leiche mitnehmen", wenn er in die Türkei zurück müsse.
Bei einem erneuten Streit begann der Angeklagte aus Verärgerung und Wut darüber, dass er in die Türkei zurück müsse, erneut auf seine Frau einzuschlagen. Spätestens jetzt entschloss er sich auch, sie zu töten. Er zog ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 8 cm aus der Hosentasche, klappte es auf und stach mit direktem Tötungsvorsatz mit großer Wucht gezielt vielfach auf den Oberkörper seiner Ehefrau ein. Diese stürzte zu Boden, wo der Angeklagte weiter auf sie einstach, bis sie sich nicht mehr rührte. I
Insgesamt versetzte der Angeklagte seiner Ehefrau 48 Messerstiche, davon 12 in die Brust und 34 in den Rücken. Die Ehefrau verstarb innerhalb kürzester Zeit nach maximal ein bis drei Minuten an innerem und äußerem Verbluten.
Nach der Tat nahm der Angekl. 250 € aus dem Portemonnaie seiner Ehefrau und versuchte zu fliehen. Er wurde gegen 23.25 Uhr vor einer Gaststätte festgenommen, wo er auf ein Taxi wartete.
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten nur wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von dreizehn Jahren und sechs Monaten.
Die Nebenkläger, die Eltern der toten Ehefrau, legten Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der Angeklagte hätte nicht nur wegen Totschlags, sondern wegen Mordes verurteilt werden müssen.
Man weiß, Mord und Totschlag unterscheiden sich dadurch, dass beim Mord z. B. „niedrige Beweggründe“ hinzutreten müssen.
Der BGH hatte also zu entscheiden, ob man dem Mann aus Anatolien, der andere Wertvorstellungen hatte als ein hier Aufgewachsener, derartige niedrige Beweggründe anlasten könne.
Er bejahte diese Frage und hob das Urteil des Landgerichts auf.
Dabei führte er aus: Das Verhalten des Ehemannes sei nicht nur objektiv als auf niedrigster moralischer Stufe einzuordnen, sondern auch subjektiv. Der Angeklagte sei nicht so stark in seiner anatolischen Überzeugung verhaftet gewesen, als dass er außerstande gewesen wäre, die Bewertung als ebenfalls niedrig nachzuvollziehen. Das bedeutet im Ergebnis „lebenslänglich“.
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